Kaninchenzucht
Kaninchenhaltung
Linienzucht
Zuchttiere des laufenden Zuchtjahres nicht voreilig schlachten !
Jedes Jahr im Spätsommer beginnt die Zeit, wo wir uns von
einigen Tieren trennen müssen. Viele Zuchtfreunde begehen dabei den großen Fehler,
zuerst die Elterntiere des laufenden Zuchtjahres zu schlachten, um die sich noch
entwickelnden Jungtiere für die Ausstellungssaison möglichst vollständig zu erhalten.
Die besten Jungtiere werden dann für das kommende Zuchtjahr aufgehoben und man kauft oder
tauscht zur Blutauffrischung ein Zuchttier hinzu. Bei dieser Vorgehensweise sind
züchterische Erfolge ein reiner Zufall, neben einigen guten Tieren werden auch mehrere
Kaninchen vorhanden sein, die in keiner Weise unseren Erwartungen entsprechen. Nach den
Mendelschen Erbregeln ist das auch völlig normal.
Um besonders gute Rassemerkmale eines Elterntieres zu erhalten und weiter zu verdichten,
setzen die meisten Zuchtfreunde die sogenannte Linienzucht ein. Hierunter versteht man
eine mäßige Inzucht ohne bestimmte Paarungsregeln mit dem Ziel der Reinerbigkeit. Man
verpaart ein Elterntier mehrfach mit einem Nachkommen, natürlich nur dann, wenn sich die
Qualität der Würfe in der Erbfolge auch wirklich verbessert. Treten wegen Spalterbigkeit
nach der ersten Verpaarung mit einem Nachkommen verdeckte Mängel auf, dann ist die
Weiterführen dieser Linie nicht sinnvoll.
Bei der Zuchtauswahl eines Elterntieres sollte nicht nur das berücksichtigt werden, was
auf der Bewertungskarte steht, sondern auch Dinge, die ein Zuchtrichter nicht beurteilen
kann. Das Elterntier sollte aus einem größeren Wurf (mindestens 6) mit guter
Aufzuchtleistung stammen. Es sollte ein frohwüchsiges und sauberes Tier sein. Auch
Untugenden sind leider vererbbar, z.B. ist es möglich, daß ein besonders gut bewerteter
Zuchtrammler eingesetzt wurde, der sehr geschickt versuchte, dem Züchter bei jedem
Stallbesuch einen Urinstrahl zu verpassen und diese seltene Untugend an seinen Sohn
vererbt hatte.
Nun zum Ausgangspunkt, warum die älteren Zuchttiere nicht voreilig geschlachtet werden
sollten. Von den Elterntieren des laufenden Zuchtjahres weiß man, wie sie ihre Nachkommen
aufgezogen haben und was dabei herausgekommen ist. Man kann einen züchterischen Erfolg im
Folgejahr mit großer Wahrscheinlichkeit wiederholen und einen Mißerfolg verhindern. Dazu
muß ein nicht ganz erfahrener Zuchtfreund natürlich erst die Bewertung durch einen
Zuchtrichter bei einer Tischbewertung oder Ausstellung abwarten. Man kann im kommenden
Zuchtjahr die Linienzucht mit dem Zuchtrammler des Vorjahres und einer der besten Töchter
einer Häsin des Vorjahres weiterführen und gleichzeitig mit der Althäsin das
Ausgangsmaterial für diese Linienzuchtgeneration noch einmal bereitstellen. Seitdem diese
Theorie von meinen Züchterkollegen konsequent angewendet wird, haben die Kollegen mit
wesentlich weniger aufgezogenen Tieren einen konstanten Erfolg.
Die offene Wurfkiste mit 3 Funktionen
In der Literatur ist der Einsatz von Wurfkisten bereits sehr oft beschrieben worden. Wurfkisten können nach ganz unterschiedlicher Bauweise gefertigt sein, erfüllen jedoch immer die Aufgabe, den Wurf zusammenzuhalten und vor der winterlichen Kälte zu schützen. Auch die Kollegen haben bereits die verschiedensten Wurfkisten mit Erfolg getestet, mußten jedoch hin und wieder feststellen, dass bei extremer Kälte das Muttertier ebenfalls Schutz in der Kiste suchte. Die Folge war, dass die Jungen dabei tot getreten wurden. Auch wurden schon Fälle beobachtet, wo sich die Häsin in der Kiste wie in einem Kaninchenbau eingerichtet, das Futter hinein geschleppt und eine Kotecke angelegt hatte. Das soll aber nicht Sinn der Sache sein. Aus diesem Grund haben meine Kollegen und ich eine eigene Wurfkiste entwickelt, die ich Euch hiermit vorstellen möchte:
Es handelt sich um eine oben offene Holzkiste mit den Außenmaßen
50 x 27 x 24 cm. Unterhalb der Einstiegsöffnung befindet sich eine Stufe mit den Maßen
17 x 27 x 16 cm. Die vorgegebenen Maße sind für eine kleine Rasse (z.B. Sachsengold oder
Marburger Feh) geeignet. Bei großen Rassen oder Zwergrassen müssen die Maße
entsprechend der Körpergröße angepaßt werden.
Funktion 1:
Die tragende Häsin baut innerhalb der Wurfkiste ihr Nest und legt
die Jungtiere hinein. Da die Jungen das warme Nest nicht verlassen können, werden sie
auch nicht erfrieren. Die Häsin springt durch die Einstiegsöffnung auf die Stufe in der
Kiste und kann dann vorsichtig das Nest betreten. Nach oben ist genug Platz, um eine
optimale Säugehaltung einzunehmen.
Funktion 2:
Wenn die Jungtiere beginnen, die Kiste zu verlassen, wird das Nest
in eine andere Ecke des Stalles transportiert und die Wurfkiste umgedreht. Nun haben die
Jungen die Möglichkeit, bei Angriffen oder Belästigungen der Mutter durch die
Einstiegsöffnung in die Kiste zu flüchten. Außendem finden sie in der Kiste Schutz vor
der Kälte, da das wärmende Nest zu klein geworden ist.
Funktion 3:
Im umgekehrten Fall kann sich die Häsin auf das Dach der Wurfkiste
zurückziehen, wenn sie durch Säugeversuche von den Jungtieren belästigt wird.
Erfahrungsgemäß macht die Häsin sehr oft von dieser Ruhemaßnahme Gebrauch.
So wie die Häsin nicht in die Kiste kriechen kann, sind auch die Jungtiere noch nicht
fähig, der Mutter auf das Dach zu folgen.